So ideal die Welt des höfischen Adels in der Literatur des Mittelalters oft erscheinen mag: Gefahren und gemeine Typen lauern hinter jedem Vers. Denn wenn ein Ritter sich beweisen will, muss er ausreiten und âventiure suchen, d.h. den heimischen Prunksaal verlassen und sich - kleine Auswahl - mit höhnischen Gegnern, pöbelnden Riesen, spottenden Pferdedieben und cholerischen Brauträubern herumschlagen.
Und selbst bei Hofe können Rosenblüten, mit denen man die Böden ausstreut, das rauhe Pflaster nicht verbergen: Realhistorisch war „[p]olitischer Mord [...] damals an der Tagesordnung“ (Bumke, Höfische Kultur, S. 11), weshalb es auch in der Literatur ab und an zur Bluttat kommt. Und zu gegenseitigen Beleidigungen erst recht.
Hier ein paar schön-schimpfliche Beispiele aus dem „Nibelungenlied“ und der Crescentia-Episode der „Kaiserchronik“:
ir vil boesen zagen! (NL, V. 989,1)
(Übersetzung: „Ihr gemeinen Feiglinge!)
vil unrainez wîp! (KC, V. 12162)
(Übersetzung: „Äußerst unreines Weib!“
Modernes Äquivalent: „Schlampe!“)
ubeliu hornplâse! (KC, V. 12185)
(Übersetzung: „Üble Hornbläserin [d.h. Hexe]!“)
der gotelaide (KC, V. 12229)
(Übersetzung: „Der, der Gott widerwärtig ist“)
(Bild: Drolerie aus dem Maastricht Book of Hours (BL Stowe MS17). Quelle: Wikimedia, https://commons.wikimedia.org/wiki/Category:Drolleries)